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Sollen wir denen, die an uns schuldig werden, bedingungslose Vergebung gewähren,selbst wenn sie uneinsichtig sind?

 

Joachim Hübel

Sündenvergebung ist ein kostbares Gut. Wir dürfen sie nicht wie billige „Schleuderware“ behandeln - weder in unserer Beziehung zu Gott noch in den zwischenmenschlichen Beziehungen.

Bei der Gewährung von Vergebung sollen wir uns an die Anweisungen Gottes halten, die wir in seinem inspirierten Wort (Bibel) finden. Dabei müssen wir das Gesamtbild der biblischen Lehre beachten. Denn einzelne, aus dem Zusammenhang gelöste Bibelstellen führen zu irreführenden Lehren, die nicht im Sinne Gottes sind. Dazu gehört die populärtheologische Irrlehre von der bedingungslos gewährten Vergebung zum Zweck der „inneren Heilung“ von seelischen Verletzungen. Dabei geschieht eine Instrumentalisierung und ein Missbrauch von Vergebung. In den letzten Jahrzehnten wurden unzählige Christen durch diese falsche Lehre in die Irre geführt, massiv verletzt und in fragwürdigen Seelsorgebehandlungen seelisch vergewaltigt.

Die Gewährung von bedingungsloser Vergebung – also von Vergebung auch bei Mangel an Einsicht und Reue bei den Schuldigen - als „Therapeutikum“ für „innere Heilung“ von seelischen Verletzungen ist eine Pervertierung und ein Missbrauch von Vergebung. Denn bei der Vergebung geht es nicht in erster Linie um Heilung von Verletzungen, sondern um die Wiederherstellung von Beziehungen, die durch Sünde und Schuld zerbrochenen sind. Das gilt sowohl für die Beziehung zwischen Menschen und Gott als auch für die Beziehungen zwischen Menschen. Innere Heilung stellt sich als Nebenwirkung ein, wenn Konflikte in sauberer Weise aufgearbeitet werden und schriftgemäße Vergebung gewährt wird – nämlich Vergebung bei Einsicht, Schuldbekenntnis, Reue und Umkehr aufseiten derer, die sich versündigt haben und an anderen schuldig geworden sind.

„Habt acht auf euch selbst: Wenn dein Bruder sündigt, so weise ihn zurecht, und wenn er es bereut, so vergib ihm! Und wenn er siebenmal am Tag an dir sündigt und siebenmal zu dir umkehrt und spricht: Ich bereue es; so sollst du ihm vergeben.“ (Lk 17,3.4)

Die Bibel lehrt weder im Alten noch im Neuen Testament pauschale, „bedingungslose“ Vergebung. Gemäß biblischer Lehre kann und darf einem Schuldigen nur dann Vergebung zugesprochen werden, wenn Einsicht, Schuldbekenntnis und Reue da ist. Ich bin ein Gegner von der Instrumentalisierung und dem Missbrauch von bedingungsloser Vergebung zum Zweck des eigenen Wohlergehens und zur seelsorgerlichen „inneren Heilung“. Die Bitte im Vater-unser muss im Kontext aller übrigen Schriftstellen interpretiert werden – „vergib uns unsere Schuld, wie wir unseren Schuldnern vergeben haben … Denn wenn ihr den Menschen ihre Vergehungen vergebt, so wird euer himmlischer Vater auch euch vergeben; wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, so wird euer Vater eure Vergehungen auch nicht vergeben.“ (Mt 6,12.14.15 – rev. Elberfelder Übers.) - im Kontext neutestamentlicher Gesamtlehre kann damit nur gemeint sein, dass Gott uns nicht vergibt, wenn wir einem anderen Schuldigen, der bereut und uns um Vergebung bittet (nach Lk 17,3.4), trotzdem die Vergebung vorenthalten. Denn Gott widerspricht nicht seinem eigenen Wort in Lk 17,3.4 und Mt 18,15-18.

Das passt als einzelnes Puzzle-Teil in das Gesamtbild neutestamentlicher Lehre. Im Gleichnis mit dem „unbarmherzigen Knecht“ heißt es: „Da rief ihn sein Herr herbei und spricht zu ihm: Böser Knecht! Jene ganze Schuld habe ich dir erlassen, weil du mich batest. Solltest nicht auch du dich deines Mitknechtes erbarmt haben, wie [d.h. in der gleichen Weise] auch ich mich deiner erbarmt habe? Und sein Herr wurde zornig und überlieferte ihn den Folterknechten, bis er alles bezahlt habe, was er ihm schuldig war.“ (Mt 18,32.34) Wir finden in der ganzen Bibel keine Textstelle die besagt, dass Gott den Menschen bedingungslos (ohne Reue, Schuldgeständnis und Umkehr) vergibt – im Gegenteil.

 

Gott gibt uns durch sein eigenes Vorgehen das Vorbild und Muster für echte Vergebung. Gott vergibt keineswegs „bedingungslos“, sondern Er vergibt bei Einsicht, Reue, Schuld-Eingeständnis und Umkehr (= „Buße“): „Wenn wir sagen, dass wir keine Sünde haben, betrügen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns. Wenn wir unsere Sünden bekennen, [dann] ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von jeder Ungerechtigkeit. Wenn wir sagen, dass wir nicht gesündigt haben, machen wir ihn [Gott] zum Lügner, und sein Wort ist nicht in uns.“ (1.Joh 1,8-10  - siehe auch  Spr 28,13;  Ps 32,1-6 > Ps 51,2-6;  Lk 15,18;  Apg 2,38;  3,19). In der Vergebung sollen wir diesem Vorbild Gottes folgen: Lk 17,3.4;   Mt 18,15-18.32 u. 33. Der Heilige Geist – der Geist der Wahrheit – gibt uns durch das biblische Wort Gottes die Anweisung: „Seid aber zueinander gütig, mitleidig, und vergebt einander, so (d.h. in derselben Weise) wie auch Gott in Christus euch vergeben hat! (Eph 4,32) „Ertragt einander und vergebt euch gegenseitig, wenn einer Klage gegen den anderen hat; wie (d.h. in derselben Weise wie) auch der Herr euch vergeben hat, so auch ihr! (Kol 3,13) - Wenn die erforderlichen Voraussetzungen bei dem Schuldigen (= Reue, Schuldgeständnis, Umkehr etc.) nicht erfüllt sind, weil dieser uneinsichtig ist, dann können wir dem Betreffenden auch nicht von seiner Schuld „lösen“ (Mt 18,18;  16,19), sondern müssen ihm „die Sünde behalten“ (Joh 20,23). – Außerdem müssen wir einen Bruder oder einer Schwester, der/die uneinsichtig bleibt, wie einen Ungläubigen betrachten, mit dem keine geistliche Gemeinschaft und Zusammenarbeit möglich ist – siehe Mt 18,32.33 und 2.Kor 6,14-18;  7,1

Nur die schriftgemäße, bedingte Vergebung führt zu echter Wiederherstellung von Beziehungen!

Liegt eine gravierende Schuld vor, dann soll der Schuldige von sich aus kommen und seine Schuld bereinigen (Mt 5,23-26), noch bevor der Betroffene (dem Unrecht zugefügt wurde) hingeht, um den Schuldigen zu konfrontieren und zurechtzuweisen (Mt 18,15; Lk 17,3;  3.Mo 19,17). Das Gebot Gottes, den Schuldigen zurecht zu weisen (statt ihm pauschal und bedingungslos zu vergeben), ist also keine freiwillige Option, sondern ein Gebot des Herrn (Lk 6,46;  Joh 14,15). Wir haben also gar keine Wahl, ob wir „bedingungslos“ vergeben wollen (ohne den Betreffenden zu konfrontieren) oder ob wir den Schuldigen zur Buße auffordern wollen. Die Konfrontation mit dem Schuldigen ist keine „Lieblosigkeit“ sondern vielmehr ein Ausdruck wahrer agape-Liebe – siehe Jak 5,19.20 > 1.Petr 4,8 – das gilt auch für die Vollmacht des „Behaltens“ von (schwerer) Sündenschuld bei Uneinsichtigkeit: „Empfangt Heiligen Geist! Wenn ihr jemandem die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben, wenn ihr sie jemandem behaltet, sind sie ihm behalten.“ (Joh 20,22.23 – siehe auch in Mt 18,17.18 die Vollmacht des „Lösens und des Bindens“. Nur Reumütigen und Einsichtigen, die sich als schuldig bekennen und umkehren (siehe Lk 18,13;  Ps 32,3-5), dürfen wir die Vergebung im Namen Jesu zusprechen.

Es gibt zwar eine Menge von Bagatell-Sünden, die wir „mit Liebe bedecken“ können und einfach darüber hinwegsehen dürfen (1.Petr 4,8), aber das gilt nicht für schwere Sünde: „Wenn jemand seinen Bruder (o. Schwester) sündigen sieht, eine Sünde nicht zum Tod, soll er bitten (d.h. für den Betreffenden beten), und er wird ihm das Leben geben, denen, die nicht zum Tod sündigen. Es gibt Sünde zum Tod; nicht im Hinblick auf sie sage ich, dass er bitten solle. Jede Ungerechtigkeit ist Sünde; und es gibt Sünde, die nicht zum Tod ist.“ (1.Joh 5,16) Bei „Todsünde“ ist nicht Fürbitte dran, sondern Überführung (Mt 18,15-18). Bei Todsünde handelt es sich um schwere Sünden, die (bei Unbußfertigkeit) zum Heilsverlust führen (siehe Gal 5,19-21;  1.Kor 6,9-11). Da erklärte Paulus: „Irrt euch nicht! … [solche Übeltäter] werden das Reich Gottes nicht erben!“ (1.Kor 6,9.11)

Der heutige Trend, alle Sünden als gleich schwer (o. gleich leicht) anzusehen widerspricht der Tatsache, dass auch Jesus wohl zwischen schwerer und weniger schwerer – zwischen „Balken“ und „Splittern“ (Mt 7,3-5) – zwischen „Kamelen“ und „Mücken“ (Mt 23,24) unterscheidet. Wenn sich jemand (an uns oder anderen) in schwerer Weise versündigt hat, dann ist es ein Gebot der Liebe, den/die Betreffende/n zurechtzuweisen, damit er/sie nicht das Heil verliert (siehe Mt 18,15-18) – „Meine Brüder, wenn jemand unter euch von der Wahrheit abirrt und jemand ihn zurückführt, so wisst, dass der, welcher einen Sünder von der Verirrung seines Weges zurückführt, dessen Seele vom Tode retten und eine Menge von Sünden bedecken wird.“ (Jak 5,19.20) Die biblische Regel lautet also: bei leichter Sünde „mit Liebe bedecken“, indem man schweigend vergibt und vergisst – bei schwerer Sünde „durch Liebe bedecken“, indem man hingeht und den Schuldigen überführt und zur Umkehr ruft und ihm die Vergebung erst dann zuspricht, wenn er seine Schuld bekennt, bereut und umkehrt (siehe 1.Joh 1,8-10;  Spr 28,13;  Ps 32,1-6 > Ps 51,2-6;  Lk 15,18;  Apg 2,38;  3,19). Denn jetzt im irdischen Leben besteht ja noch die Möglichkeit der Umkehr und Bereinigung von Schuld. Irgendwann ist diese Tür geschlossen – nämlich nach dem letzten Atemzug, den eine Person tut. Nicht wer den Dienst der Überführung ausübt ist lieblos, sondern der, der ihn unterlässt. „Treu gemeint sind die Schläge dessen, der liebt, aber überreichlich die Küsse des Hassers.“ (Spr 27,6) Zu diesen treu gemeinten „Schlägen“ gehört - nach der Anweisung des Herrn(!) in seinem Wort (Joh 14,15.21.23.24) - auch die Maßnahme, dass man „die Schuld behält“ (d.h. nicht vergibt) und mit Uneinsichtigen keine Gemeinschaft pflegt (Mt 18,15-18;  Joh 20,23;  1.Kor 5,11).

Die Lehre von der bedingungslosen Vergebung zum Zweck der „inneren Heilung“ ist eine trügerische, falsche Lehre, die nicht der biblischen Richtschnur folgt. Wenn wir von seelischen Verletzungen geheilt werden wollen, dann dürfen wir nicht auf pseudogeistliche Menschenlehren hören und „bedingungslos vergeben“. Echte Heilung von Gott erfahren wir dann, wenn wir dem biblischen Wort Gottes vertrauensvoll gehorchen. Denn die Weisheit Gottes ist besser und wirksamer als die Weisheit der Welt oder die Klugheit selbsternannter Lehrer oder Seelsorger. Wenn wir mit unseren Verletzungen zu Gott kommen, dann heilt ER uns mit seiner wunderbare agape-Liebe und mit dem Balsam seines Wortes (Röm 5,5;  Spr 3,1.8;  4,20-22). Unter den Flügeln des HERRN sind wir sicher und geborgen, selbst wenn der Rest der Welt gegen uns streitet und seine Giftpfeile gegen uns richtet (Ps 91). 

Wer will, der kann die Vergebungsfrage anders sehen, aber ich ziehe es vor, mich nach dem Wort Gottes in seiner Gesamtlehre zu richten: „Die Summe deines Wortes ist Wahrheit!“ (Ps 119,160) Dafür setze ich mich auch im Exegesa-Bibel-Lehrdienst ein. Irrlehren führen die Menschen in die Knechtschaft – die „gesunde Lehre“ des ganzheitlichen biblischen Wortes führt in die Freiheit. Jesus erklärte: „Wenn ihr in meinem Wort bleibt, so seid ihr wahrhaft meine Jünger; und ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen.“ (Joh 8,31.32) Wer nicht in der biblischen Lehre des Christus bleibt, der ist nicht sein Jünger! „Seht auf euch selbst, damit ihr nicht verliert, was wir erarbeitet haben, sondern vollen Lohn empfangt! Jeder, der weitergeht und nicht in der [schriftgemäßen!] Lehre des Christus bleibt, hat Gott nicht; wer in der Lehre bleibt, der hat sowohl den Vater als auch den Sohn.“ (2.Joh 8.9)

 

Die Unwissenheit und mangelnde Schriftkenntnis vieler Christen ist das Kapital der selbsternannten Seelsorger, die die Hilfsbedürftigen mit unbiblischen Forderungen unter Druck setzen und verletzen. Eine dieser Forderungen ist die Gewährung der bedingungslosen Vergebung. Wer sich ihnen vertrauensselig ausliefert, der muss die Folgen tragen.

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© Joachim Hübel  2019

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